Notstandszonen um Wiesbaden

Was hatte dieser Tim noch gesagt?

»Ich lasse dir eine Aufzeichnung des Gesprächs zukommen. Ich denke, du solltest dir das Gespräch so lange ansehen und anhören, bis dir etwas auffällt. Dann werden wir weiterreden.«

Was war also an dem verdammten Geschwätz so wichtig? Es ging um diese ekligen Pädophilen. Immer wieder wurden wahre Nester von solchen widerwärtigen Menschen ausgehoben. Wie konnte man nur Verständnis für so etwas aufbringen? Doch hatte Tim Verständnis dafür aufgebracht? Nein. Was also war der Punkt?

John schaute sich die Aufnahme wieder und wieder an. Er wurde einfach nicht schlau draus. Aus lauter Frustration und Spielerei drückte er auf Tim’s Kopf.

Die Aufnahme hielt an und er wurde gefragt, ob er Referenzen zum aktuellen Thema, Satz oder Gegenstand haben möchte.

Die ultraneuesten Tablets bei der NSA konnten so etwas noch nicht einmal annähernd. Hier ein Tablet zu finden, das hochinteraktiv war? Ohne CERBERUS?
Allein dieser Gedanke liess John innehalten.

Wo bekamen die Kidz solche Rechenpower her? Egal, das eröffnete ja ganz andere Möglichkeiten? War es das? Was ihm auffallen sollte? Nein, sicher nicht. Also mal schauen, was dieses Teil alles so zu bieten hatte.

Vor John fächerten sich die Referenzen nur so auf. Interessanterweise in parallelen Streams angeordnet. Sortiert nach Interaktivität des Quellenmaterials. Mit grafisch übergreifenden Markern. Verdammt, genau an so etwas arbeiteten sie gerade beim MIB.

Nur war das hier einfach cooler. Als John 3D aktivierte, blieb im buchstäblich die Spucke weg. Das war nicht das 3D was er kannte, das war ein interaktives Hologramm dass sich auf seinem Tablet aufbaute. Jetzt machten die Marker erst richtig Sinn.

John schaltete das Tablet aus und lehnte sich an die Wand um erstmal tief durchzuatmen. Er war hier bei Kidz die mehr Technik und Know-How hatten als er bei der NSA je gesehen hatte. Und sie hatten, verdammt nochmal die Ressourcen. Woher bekamen sie die Energie, die Rechenleistung? Wie konnte das sein? Warum hatten sie alles nicht schon längst übernommen? Mit diesen Möglichkeiten?

Was, verdammt nochmal, stimmte hier nicht?

John verfiel in das Rauschen. Gedanken die vorbeiströmen, wie das Plätschern von Wellen. Diesen Zustand in dem man denkt ohne zu denken. Faktisch eine Überforderung des Sinnesinputs. Zuviel überraschende Informationen auf einmal. Dabei sollte John feststellen, dass er noch nicht annähernd an dem Punkt war, der ihn überfordern würde.

Als sich die neuen Erkenntnisse langsam setzten, begann John zielstrebig seinen Informationsinput weiter zu belasten. Die Referenzen und Statistiken schienen Tim Recht zu geben. Die Detaildaten waren noch überraschender.

John hatte zum ersten Mal Zugriff auf Dokumente die seine Sicherheitsfreigabe bei weitem überstiegen. Und daran, dass sie echt waren, gab es keinen Zweifel. John erkannte die internen NSA und Regierungsarchive, wie auch die NATO- und EU-Akten. Wie um alles in der Welt hatten die hier Zugriff?

Allein der Umstand das diese Tatsache publik würde oder werden könnte, enthielt schon eine eigene Apokalypse. Westen und Osten. Hier waren alle Geheimdienstarchive die je online gegangen waren versammelt. Nichts schien dem Zugriff hier zu widerstehen!

Alle geheimen Regierungsdaten, die je das Unglück hatten, digital im Netz publiziert worden zu sein. Wobei publiziert der falsche Begriff ist. Daten, die für wen auch immer, irgendwann einmal im Netz verfügbar waren. Verschlüsselung schien kein Problem zu sein. Aber ja, ein Man-In-The-Middle Angriff bräuchte sich keine Gedanken über Verschlüsselung machen!

Und dann noch die Tatsache, dass in den letzten zehn Jahren kein einziger verhafteter Pädophiler in irgendeinem Zusammenhang pädophil gewesen wäre. In den meisten Fällen waren es politisch Ambitionierte die irgendwann die Seiten gewechselt hatten oder Versprechen nicht eingelöst hatten. Dann noch ein paar Systemkritiker. Sowie ein paar Menschen die man durchaus für andere Verbrechen hätte belangen können.

Ah ja, hier weiterführende Links. Nein auch bei den paar anderen ging es um, ach wie traurig, am falschen Ort, zur falschen Zeit. Sie hatten Ereignisse gesehen, die sie nicht hätten sehen dürfen. Und sie hatten versucht, anderen davon zu erzählen.

John’s Interesse war geweckt. Mal sehen, wohin dies alles führte. John folgte den Informationen. Und es wurde nicht besser. Lügen über Lügen auf Lügen aufgebaut. Egal welches Land, welche Fraktion, welcher Mitspieler!

Überflüssigen Mitspielern wurden alte Lügen zum Verhängnis. Die ganze Situation, hier in Europa, war definitiv so gewollt. Nicht genau so. Aber im letztendlichen Effekt. Und es funktionierte erstaunlich gut.

John wusste nun, dass die Notstandszonen gemolken wurden, wie Sklavenherden früher. Wann immer mit viel medialem Brimborium Vergeltungsaktionen gegen nationale Widerstandsnester geflogen wurden, waren dies in Wahrheit Ernteaktionen.

Wie mittelalterliche Fürsten fielen die Bugs über die dort lebenden Menschen her, nahmen ihnen die Ernte und die Tiere weg. Im Gegensatz zu damals begnügte man sich nicht mit einen Zehnt. Fast alles, traf es besser. Manchmal mehr, wenn die Population zu stark angegriffen war um noch produktiv zu sein. Und die angebliche Verwüstung von Rebellenstützpunkten war Brandrodung. Für neue Anbauflächen. Medienwirksam verkauft!

Die meisten Gruppen waren schon dazu übergegangen für die Bugs Potemkinsche Dörfer zu bauen. Andere Gruppen nutzten die Bugs um Konkurrenten zu erledigen oder zumindest zu dezimieren. Denn bei allem ging es nicht um Vernichtung, sondern um maximale Ausbeutung eines nachwachsenden Rohstoffes. Des Menschen selbst! Wie ein Imker Bienen hält. Doch wer waren die Imker?

Und wann hatte das alles begonnen? Erst folgte John der Spur der Lügen und nach allen Erkenntnissen die er mittlerweile hatte, war er doch arg verwundert, dass dies alles nicht mit 9/11 angefangen hatte. Das wurde doch von der russischen Propaganda immer behauptet.

Doch es ging weiter und weiter zurück. Viel weiter. Nur wenige Lügen, wie die von Hitlers Verteidigung auf einen angeblichen Angriff wurden je publik. Wer hätte wissen können, dass die Digitalisierung solche Folgen haben würde? Das selbst wenn verschlossen und verriegelt, der Zugriff unmöglich zu kontrollieren war?

Korea, Vietnam, Pearl Harbour, Irak, Libyen, Syrien, Iran, Russland, China, Südamerika, Asien. Die Liste schien endlos.

Die Wahrscheinlichkeitsanalyse des Tools ergab durchaus brauchbare Werte um Ereignisse einigermassen korrekt einzuordnen und zu interpretieren. Nein, hier wurde keine Wahrheit verkauft, erkannte John, man musste sich die Wahrheit selbst erarbeiten. Es gab keine Absoluta, es gab nur Informationen. Die unterschiedliche Bewertungen hatten, was die Faktenlage und die Wahrscheinlichkeit anging. Und alle Parteien logen. Die meisten, dass sich die Balken bogen. Die Spur der Lüge führte ins Unendliche und somit nicht weiter.

Das Studium der näheren Geschichte Europas schien John auch nicht weiterzubringen. Die Flüchtlinge, die IS oder ISIS oder Daesh wie sich wahlweise nannte, die Ukraine, Syrien … halt … die Türkei? Wie war das mit dem Zwischenfall, als die einen russischen Bomber vom Himmel geholt hatten. Interessant. Die Zusammenhänge und die Ereignisse im Umfeld zeigten dies als kritischen Punkt in der Geschichte an.

Insbesondere, dass in einer fast menschenleeren Gegend vier Beobachter den unbeabsichtigten spontanen Abschuss filmten. Doch wie die Ukraine, wie die Krim hatte dies keinen massgeblichen Einfluss auf die Ereignisse. Es verschob nur die Machtpole in eine etwas ausgeglichenere Position. Russland und die Türkei wuchsen entgegen aller Voraussagen wieder enger zusammen und das NATO Bündnis war nicht mehr ganz so übermächtig. Letztendlich waren die Kurden die wirklichen Verlierer dieses Spiels rund um Syrien. Seinerzeit.

Und China nicht zu vergessen, das im stillen Kämmerchen sein politisches Gewicht in die Waagschale warf. Und so wurde also der Fortgang des kalten Krieges ›gerettet‹?

Währenddessen versuchten die europäischen Regierungen, mehr oder weniger erfolglos, den weiter ansteigenden Flüchtlingsstrom von ihren Grenzen fernzuhalten. Sie rüsteten im Inneren auf und mutierten zu Polizeistaaten. Als 2022 dann die Ukraine in die NATO aufgenommen wurde, wurde die Stimmung wieder aggressiver. Doch Russland hatte die Zeit genutzt, aufgerüstet und die Grenzen wie auch die Krim militärisch gesichert.

Als die russischen Gaslieferungen ausblieben, China Sanktionen gegen die EU verhängten und die Wirtschaft weiter am Boden entlang schrammte, schlug die Stimmung endgültig um. Zumindest in den meisten Ländern Europas. Doch ein Krieg gegen Russland war Europa immer noch nicht zu verkaufen. Die hatten jetzt andere Probleme.

Aus den ersten Flüchtlingszonen wurden zu den Vorläufern der Notstandszonen. Während der Nahe Osten als Spielplatz für die Waffen- und Ressourcenindustrie, wie auch für die Produktion beständiger Feindbilder, weiter betrieben wurde. Und die Grenze zu Russland von der NATO für den finalen Krieg vorbereitet wurde.

Die vollständige Erosion der wirtschaftlich schwachen Gebiete in ganz Europa zu Notstandszonen setzte allerdings erst nach weiteren, so wie es schien, inszenierten, Attentaten in europäischen Hauptstädten und der Zwangsrekrutierung für den kommenden Krieg gegen Russland ein. Gemeinsames Kennzeichen vieler staatsterroristischer Attentate war, wie sich über eine hinlängliche lange Zeit in der Geschichte nachweisen liess, dass nie jemand von Rang und Namen getroffen wurde.

Gemäss dem Gesetz des Terrors ging es um maximale Angst unter der Bevölkerung. Wer auch anderes als die Bevölkerung wäre da als Ziel geeignet?

Aber aus welchem Grund sollte sich die Bevölkerung selbst angreifen? Warum sollte die Bevölkerung sich mehr Sicherheit, mehr Polizeistaat und mehr Überwachung wünschen, wenn keine dieser Aktionen auch nur irgendein Attentat verhindert hatte?

Mittlerweile ging auch John auf, das dem Ganzen eine verquere Logik innewohnte.

Die Antwort war, sie wünschte es sich gar nicht. Es waren die Medien, die diese Wünsche Einzelner hochschaukelten. Zu einem kollektiven Wunsch.

Also bekam die Bevölkerung das mehr an Überwachung und Polizeistaat. Ob sie es wollte oder nicht. Wie auch den dauerhaften Notstand, der alle demokratischen Regeln ausser Kraft setzte.

Die Definitionen wer ein Terrorist und was Terrorismus war, wurden vage bis zur Unkenntlichkeit. Bald konnte ein jeder schon verhaftet werden, der irgendwie in die falsche Richtung oder mit dem falschen Gesichtsausdruck geschaut hatte.

Diese Strategie Angst und Panik unter der Bevölkerung hervorzurufen hatte noch eine zweite Komponente. Teile und herrsche. Immer wieder entzweite sich die Bevölkerung an Erscheinungen, die als Gegensätze präsentiert wurden. Und wunderbar von jenen Sachen ablenkten, die man dem Volk lieber nicht so direkt zumuten wollte. Links und Rechts, ein beliebtes Thema. Man fand in jeder Ecke Soziopathen, die man instrumentalisieren konnte, um die Stimmung zwischen den Gruppierungen aufzuheizen. Christentum und Islam, ein weiteres Beispiel.

Dieses Muster zog sich wie ein Schimmelpilz durch die ganze Gesellschaft. Verschwörungstheoretiker gegen rechtschaffene Bürger. Waffennarren gegen Waffengegner. Gutmenschen gegen Realisten. Autofahrer gegen Fussgänger. Raucher gegen Nichtraucher. Fussballfans gegen Hooligans. Kein Bereich der nicht instrumentalisierbar war. Und der nicht instrumentalisiert wurde.

Angst und Panik war eine Desinformationsstrategie, die nicht nur vom Militär genutzt wurde. FUD wie es beim CIA genannt wurde. Von daher wunderte es John auch nicht, das diese Strategie ein hohe Korrelation mit machtpolitischen Erwägungen aufwies. Die eine staatliche, geheimdienstliche oder private Beteiligung mächtiger Mitspieler bei Ereignissen und Attentaten nahe legte. Die ihrerseits einige Verwirrte und Verzweifelte, egal welcher politischen Richtung, instrumentalisierten. Zudem gab es in der menschlichen Geschichte viele Beispiele für solche False Flag Aktionen.

Die hier präsentierte Faktenlage entzauberte Johns naive bisherigen Vorstellungen von der Welt.

Wobei, wie John durch sein Tablet auch erfuhr und lernte, rechts und links genauso wenig eine Rolle spielten, wie Christ und Moslem. Polarisierungsbegriffe. Inhaltsleer und beliebig. Nicht, dass es keine Inhalte dazu gegeben hätte. Aber diese Inhalte wurden so lange gewendet, bis kein Inhalt ausser dem Begriff, dem Kampfbegriff, mehr übrig geblieben war.

Wie eben auch Kinderpornografie. Also folgt John der Spur der Kampfbegriffe. Auch sie waren so alt wie die Lüge, vielleicht sogar noch älter. Irgendjemand musste diese Begriffe doch prägen?

Doch was auch immer an Wissen da war, nichts legte nahe, dass es eine grosse Weltverschwörung gäbe. Geheimbünde und Interessen gab es viele, auch heute noch, wie John gerade feststellte. Aber all diese kleinen und grossen Bösewichte, wenn sie überhaupt welchen waren, stellten nicht mehr als ein Tropfen auf dem heissen Stein dar.

Auch Putin, immer noch im Sattel, ergraut, eine ehrwürdige Eminenz in Russland und von den USA immer noch gehasst, erwies sich nur als guter Spieler in macchiavellischem Sinne. Ein angeblicher Bösewicht, dessen bisheriges Handeln eher Schlimmeres verhindert als Schlimmeres erzeugt hatte. Einer der weniger Machtpolitiker, die noch selbst vorne auf der Bühne standen. Und nicht von hinten die Fäden zogen.

In Europa und den USA dagegen waren hauptsächlich Marionetten zu finden. Erfüllungsgehilfen von Finanz, Handel und Militär. Erfüllungsgehilfen von jenen die immer noch gesichtslos waren. Ausser hier, auf diesem Tablet.

Was John auch nichts weiter nützte. Wenn er der Analyse dieser Menschen folgte, dann sind und waren sie im Wesentlichen pragmatisch. Sowie erfolgreich. Und, letztendlich, skrupellos. Soziopathen. Oft mit Charisma ausgestattet. Menschen die nicht nur Macchiavelli gelesen und verstanden hatten.

John verstand das nicht. War alles nur Zufall? Alles nur Eigendynamiken? Die sich irgendwie aufgeschaukelt haben? Alles nur Herdentrieb und Folgen? Folge den Mustern? Welchen Mustern?

Johns Gedanken rasten und die Zeit verging wie im Flug. Er wusste nicht mehr, wie lang er sich jetzt schon mit diesem Tablet beschäftigt hatte? Egal.
Zurück zu den Mustern. Polarisierung. Schafft Einigkeit und Identität, dadurch das sie Entzweit. Ein spaltender Herdentriebmechanismus?

Oder diese Sache mit der Anziehungskraft. Der soziologischen Anziehungskraft. Dieser besonderen Eigenart von lebenden Sozialgebilden, bestimmte Faktoren zu verstärken oder zu schwächen. Dieses Schwingungsverhalten.

War es gleichwertig mit diesen Mustern, dass Geld zu Geld kommt? Das man an einer beliebigen leeren Strasse parken kann und alle parken um einen herum? War es genauso wie Gravitation oder Strömungsverhalten berechenbar? Zuverlässig berechenbar?

Hier war John wieder in einem seiner Themen und fand mehr Informationen als ihm bis her je zugänglich gewesen wären. Es war fast so etwas wie Meteorologie, das Verhalten von Menschen in der Masse voraussagen zu können.

Eine zwangsläufige Folge jeder Erkenntnistheorie. Im einzelnen war der Mensch mittlerweile meist recht gut vorhersehbar. Jeder hatte seine Rituale, seine Zeiten, seine Reaktionsmuster. Hinlänglich lange Beobachtung konnte eine grosse Wahrscheinlichkeit für Voraussagen ermöglichen. Allerdings nur für diesen Menschen.
John war das mehr als anderen bewusst. Er hatte sich nicht gescheut, mit sich selbst zu experimentieren. Auf der Suche nach Erkenntnis. Und er war erstaunt gewesen, wie gut ihn sein Programm voraussagen konnte. Sofern die Umstände, die Randparameter relativ stabil blieben. Selbst einige ungewöhnlichere Konstellationen hatte sein Programm gemeistert.

Eins der vielen, über die auch CERBERUS jetzt verfügte.

Doch ihm waren noch immer nicht klar, wie sich die Strömungsverhältnisse und Faktoren für gesellschaftliche Bewegungen bestimmen und berechnen liessen. Mit den neuen Daten waren viele Strömungen erklärbar, die vorher immer sein Modell zerstört hatten. Doch irgendetwas wollte immer noch nicht richtig funktionieren.
Es gab grosse und kleine Mitspieler, die durchaus signifikanten Einfluss auf Strömungen hatten. Doch keine Aktion der Mitspieler konnte garantieren, dass sich das Verhalten tatsächlich in eine Richtung bewegte. Lediglich actio - reactio war als Grundprinzip auszumachen.

Und dieses Muster vervielfältigte sich mit der Menge der Mitspieler und sonstiger Einflüsse zu einer komplexen unüberschaubaren Dynamik in der ein kleines Zittern sich zu einem Orkan entwickeln konnte.

Wobei der Zyklus menschlicher Gesellschaften, Aufstieg, Blüte, Fall als konstantes unterliegendes Muster angesehen werden konnte und zusätzlich seinen Einfluss ausübte.

Wenn er diese Möglichkeiten schon früher gehabt hätte, CERBERUS wäre schon längst … nein, verdammt, man brauchte für sowas einen CERBERUS, mindestens. Das war schon das Ei, um beim Henne-Ei Problem zu bleiben. Das ursprüngliche laue Gefühl, wie das hier alles möglich war, kehrte zu John zurück.

Und was machte er hier überhaupt? Wie ein Student fasziniert von einem magischen Füllhorn des Wissens über Probleme sinnieren, die nicht die seinen waren?
Und was waren seine Probleme? Nach alldem was er mittlerweile wusste, auf das er mittlerweile Zugriff gehabt hatte … waren seine Probleme um eine weitere Dimension gewachsen. Er war für beide Seiten zum Sicherheitsrisiko geworden.

Es war nur eine Frage der Zeit, welche Seite dies zu erst mit Massnahmen beantworten würde? Nein, falsch. Diese Kidz hatten ihn ja schon in Quarantäne. Doch wie Captain James und Miss Marple reagieren würden, mochte er sich nicht ausmalen.

Nicht einmal zu welchen Taten sie gezwungen wären, wenn Johns Wissen irgendjemandem anderen in seiner Welt bekannt würde. Seltsam, dachte John, war es wirklich noch seine Welt? Die Zwickmühle, in der John sich befand, zog sich wie eine Schlinge unerbittlich zu.

Genau diesen Moment schien Tim gewählt haben, um einzutreten. Zumindest erschien es John so. Auch wenn tatsächlich mehr Zufall und möglicher Zeitpunkt im Spiel war.

»Hi John. Ich hätte gerade etwas Zeit und dachte mir, dass du Fragen haben könntest. Eigentlich wollte ich schon kommen, als du entdeckt hast, was in dem Tablet steckt.«

Johns stummer Blick lastete auf Tim.

»Nein, von der Nanofront noch keine Entwarnung. Tut mir leid.«

Tim erwiderte Johns Blick standhaft.

»Ehrlich gesagt, weiss ich auch nicht, ob wir dich heilen können. Mit viel Glück können wir die auslösenden Signale unterdrücken, mit weniger Glück können unseren Nanos die Signale abschwächen. Und sie können dich natürlich genauso benutzen. Was dir früher oder später klar werden muss, wenn es das noch nicht ist!«

Tim wusste nicht, wie er bei John würde punkten können. Bis jetzt lief alles irgendwie schief. Aber der Offenbarungseid war nicht zu vermeiden. Wenn er eine offene und ehrliche Beziehung mit John haben wollte.

»Was die unsägliche Situation begründet, dass du ausser meinem Wort nichts hast. Sei versichert, dass ist keine Situation, die ich herbeigesehnt habe. Oder die ich gar herbeigeführt habe. Aber ich muss jetzt damit leben. Wie auch du, John! Ich hoffe immer noch, dass wir Freunde werden. Eines Tages …«

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